· 

Mythos Selbstständigkeit - Was hält uns eigentlich auf?!

Viele träumen davon, ihr eigener Chef zu sein. Und mindestens genauso vielen jagt der Gedanke eine riesengroße Angst ein – selbst wenn sie eigentlich eine Idee hätten, die sie gerne als ihr eigenes Projekt verwirklichen würden. Doch diese spezielle Art der Verantwortung zu übernehmen – für sich selbst, für seine Idee, für seinen Traum – das ist schon eine besondere Herausforderung. Wir haben die am häufigsten genannten Hürden für den Schritt in die Selbstständigkeit unter die Lupe genommen…

 

Die Sache mit dem „Leap of Faith“

 

Wer erinnert sich noch an den Indiana Jones Film “Der letzte Kreuzzug”? In einer Szene steht Harrison Ford a.k.a. Indiana Jones plötzlich vor einer tiefen Schlucht. Scheinbar unüberwindbar, und doch muss er auf die andere Seite kommen. In dieser Prüfung geht es darum, darauf zu vertrauen, dass ihn der nächste Schritt nicht in die Tiefe stürzen wird – und tatsächlich, nachdem er sich ein Herz fasst und vertrauensvoll einen Schritt nach vorne geht, landet sein Fuß auf festem Boden. Eine bis dahin unsichtbare Brücke tut sich auf.

 

So weit hergeholt das Beispiel aus diesem Filmjuwel der späten Achtziger (keine Widerrede, der Film ist super!) auch auf den ersten Blick wirken mag – sich selbstständig zu machen und mit seiner eigenen Idee durchzustarten kann sich genauso anfühlen, wie vor einem Abgrund zu stehen. Niemand weiß mit Sicherheit, ob der erste Schritt auf sicherem Grund landen wird. Doch genauso wie Indiana Jones all seinen Mut und Vertrauen zusammennimmt, um auf die andere Seite der Schlucht zu gelangen, könnt auch ihr nur herausfinden, was passiert, wenn ihr den Schritt macht. Und im Gegensatz zu Indiana Jones läuft man als Selbstständiger immerhin nicht sprichwörtlich Gefahr, in eine mehrere hundert Meter tiefe Schlucht abzustürzen…

 

Die Sache mit dem Geld

Eine der am häufigsten genannten Hürden auf dem Weg in die Selbstständigkeit: fehlendes Startkapital. Klar, da lässt sich in den meisten Fällen auch nicht wirklich dagegen argumentieren. Wer ein Restaurant oder ein Café eröffnen will und der Vorbesitzer hat alles in einem desolaten Zustand oder ohne Küche hinterlassen, der muss zwangsläufig renovieren oder in eine Küche investieren.

Die Frage ist oft nur: Wie viel Geld ist für den Startschuss wirklich nötig? 

Was könnt ihr nach dem Start immer weiter verbessern, sprich: Hängt die Eröffnung eures eigenens Cafés wirklich am seidenen Faden, nur weil es nicht für 40 Vitra-Stühle für die Einrichtung reicht? Oder kann es am Anfang auch die günstigere Variante sein? Und braucht ihr als Freelancer wirklich den festen Büroplatz, für den ihr monatlich eine Menge Geld bezahlt oder bucht ihr euch zu Anfang vielleicht einmal pro Woche in einem Co-Working Space ein? Wie so oft gilt: “Perfect is the enemy of done! 

 

Wie viel Geld brauche ich, um mein Projekt zu starten? Die Antworten sind vielfältig – die Möglichkeiten für eine Anschubfinanzierung zum Glück auch.

 

Und was macht man eigentlich, wenn sich die Bank trotz leidenschaftlich vorgetragener Geschäftsidee inklusive perfekten Businessplans weigert, den Geldhahn aufzudrehen? Dann gibt es trotzdem noch Möglichkeiten. Wer an seine Idee glaubt und felsenfest davon überzeugt ist, kann sich auch an seine Mitmenschen wenden und seine Business-Idee mit einer Crowdfunding-Kampagne finanzieren lassen. Flo von Schaf und Schäfer www.schafundschaefer.de hat damit zum Beispiel erfolgreich den Start seines Unternehmens gewuppt – und genau wie unzählige weitere Menschen auf diese Weise sein Traumprojekt umgesetzt.

Mehr zum Thema Crowdfunding gibt’s zum Beispiel auf www.kickstarter.de

 

Die Sache mit der Bürokratie

Bähhh. Wie viele Menschen kennt ihr in eurem Bekanntenkreis, die sich wirklich gerne mit der Bürokratie der Selbstständigkeit auseinandersetzen? Na gut, vielleicht seid ihr selbst Steuerberater und habt daher keine Angst vor der Steuererklärung usw., oder ihr kennt jemanden, der euch alle Sorgen rund um das Thema abnehmen kann. 49% der Befragten in einer Umfrage von Statista aus dem Jahr 2015 gaben allerdings an, dass ein hoher bürokratischer Aufwand eine Hürde beim Start in die Selbstständigkeit sei.

 

Ich persönlich würde mich voll und ganz dazu zählen. Bin ich Gewerbetreibender oder Freiberufler, wie funktioniert die Anmeldung beim Gewerbeamt und zu welchem muss ich überhaupt, dann Rückmeldung vom Finanzamt, und was ist eigentlich mit der Handelskammer, muss ich mich sogar noch bei irgendeiner Handwerkskammer anmelden, wie läuft das eigentlich mit der Kleinunternehmerregelung, was zur Hölle ist das MOSS-Verfahren, wie schreibe ich eigentlich eine Rechnung, und HILFE, ICH WILL DOCH EINFACH BLOSS NICHTS FALSCH MACHEN!!Bürokratie kann gerade anfangs etwas Aufwand bedeuten. Doch fast immer findet sich eine Lösung – „wer suchet, der findet“.

 

Na, kennt ihr diese Gedanken? Wenn ihr sie schon überwunden habt: Sehr gut, das Schlimmste ist geschafft. Wenn euch diese Gedanken noch nachts wach halten: Lasst euch beraten und stellt fest, dass es vielleicht doch gar nicht alles so schlimm ist. Entweder habt ihr Glück und einen netten Kontakt beim Gewerbe- oder Finanzamt (in Hamburg keine Seltenheit!), der euch ein wenig helfen kann. Alternativ bieten auch viele Steuerberater bezahlbare Startpakete für Selbstständige, Gewerbetreibende und Kleinunternehmer – macht euch einfach mal schlau

 

Die Sache mit den BWL-Kenntnissen

Nicht jeder hat BWL studiert. Und selbst diejenigen mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund stehen oft erstaunt da, wenn es um die ersten Schritte in Richtung Selbstständigkeit geht. Schließlich geht es beim kleinen Unternehmen ja meistens nicht um riesengroße Kennzahlen, die hier jongliert werden wollen. Wie notwendig sind also fundierte BWL-Kenntnisse, um seine eigene Idee umzusetzen? Ich würde mal sagen: Kommt drauf an.

 

Kommt drauf an, wie realistisch und mit welcher Art von Vorkenntnissen jemand an die Umsetzung seiner Träume herangeht. Wer zwar schon immer von seinem eigenen Café geträumt hat, jedoch noch nie in seinem Leben in der Gastronomie gearbeitet hat, wird wahrscheinlich aus einem kleinen Wolkenschloss fallen. Da gibt es Abläufe, Kalkulationen und Systeme, die zwar den meisten zumindest geläufig ist, die schon mal in einem gastronomischen Betrieb angestellt waren, die für Außenstehende jedoch völlig undurchsichtig sind.

 

Branchenkenntnis und Erfahrung in einem bestimmten Bereich sind daher, gepaart mit gesundem Menschenverstand, die besten Voraussetzungen, um eine Idee realistisch zu kalkulieren – auch ohne BWL studiert zu haben. Zwar ist die Mischung wie immer ideal (Branchenkenntnis + BWL-Hintergrund) – abschrecken lassen sollte man sich von seinem nicht vorhandenen BWL-Studium jedoch nicht.

 

Die Sache mit dem Scheitern

Der vielleicht härteste Brocken zum Gegenargumentieren. Was für viele eine absolute Traumvorstellung ist – “Endlich mein eigener Chef, Freiheit, Selbstbestimmung, Hurra!” – ist für andere vor allem eins: Ein Riesen-Potential, um zu scheitern und gewaltig auf die Nase zu fallen. Und zu scheitern ist ja allen Versuchen zum Trotz, eine amerikanische Scheiter-Kultur auch hierzulande zu etablieren, immer noch nicht so richtig gesellschaftsfähig.

 

Außerdem ist Scheitern auf den 2. Blick noch viel mehr als das, wonach es auf den 1. Blick aussieht, nämlich: Die Idee / das Konzept / der Plan / der Zeitpunkt war nicht gut und deshalb hat es nicht funktioniert. Nein, da steckt noch mehr dahinter und wenn man ein bisschen an dieser Oberfläche kratzt, wird es direkt persönlich. Etwas, wovon du selbst zu 100% überzeugt warst, hat den Test in der echten Welt nicht geschafft. Deine eigene Idee. Dein Baby! Die Welt hat es abgelehnt. Genau das ist es nämlich: Eine sehr persönliche Angelegenheit und eine Situation, in der das Scheitern einer Idee als persönliche Ablehnung wahrgenommen wird. Ist also die Angst vor dem Scheitern auch ein bisschen die Angst vor Ablehnung? Die Angst davor, dass unser Ding, für das wir uns so sehr begeistern können, nicht gut genug ist, um für den Lebensunterhalt zu sorgen. Dass wir nicht gut genug sind. Puh.

 

Ein Glück gibt es unzählige Beispiele, in denen Menschen so lange an ihre Idee geglaubt haben, bis jemand sie aufgegriffen hat. Eine Autorin namens J.K. Rowling zum Beispiel, deren Geschichte von einem jungen Zauberer zunächst von zahlreichen Verlagen abgewiesen wurde. Oder Soichiro Honda, der zunächst als Bewerber von Toyota abgelehnt wurde und einige Zeit arbeitslos war, bevor er sein eigenes Unternehmen gründete. Oder Walt Disney, der mit seinem ersten Animationsstudio bankrott ging. Ja, na klar funktioniert das nicht immer genau so – eine Idee, von der man überzeugt ist, jedoch im stillen Kämmerlein versauern zu lassen nur aufgrund der Gefahr, damit nicht erfolgreich zu sein, ist doch auch irgendwie mehr als schade, oder?